5% – wenn Bürokratie den Gewinn auffrisst

Was tun, wenn die Bürokratie den Gewinn auffrisst? 5% der Kosten – so hoch ist der Anteil der Bürokratie im Mittelstand. In vielen Unternehmen entspricht dies gerade der Gewinnmarge. Doch was tun, wenn die ausufernde Bürokratie um sich greift?

 

Bürokratie belastet den deutschen Mittelstand

Eine neue Studie des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) zeigt, dass die deutschen Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau einen erheblichen Teil ihres Umsatzes und Gewinns für die Erfüllung von bürokratischen Pflichten aufwenden müssen. Die Studie wurde im Auftrag der Impuls-Stiftung des VDMA durchgeführt und untersuchte drei Betriebe unterschiedlicher Größe zwischen 125 und 3500 Beschäftigten1.

Die wichtigsten Ergebnisse

  • Die Studie ermittelte erstmals die Kosten für die 375 Regelungen auf Bundesebene, die die Unternehmen zu erfüllen haben. Hinzu kommen noch weitere Vorschriften auf EU-, Landes- und kommunaler Ebene, die nicht berücksichtigt wurden.
  • Die Bürokratiekosten betrugen im Durchschnitt 3,2 Prozent des Umsatzes bei dem kleinsten Unternehmen (23,5 Millionen Euro Umsatz) und 1 Prozent bei dem größten Unternehmen (240 Millionen Euro Umsatz) in der Stichprobe.
  • Die Bürokratiekosten waren damit ähnlich hoch wie die jährlichen Forschungsausgaben eines Mittelständlers im Maschinen- und Anlagenbau und annähernd so hoch wie der durchschnittliche Bruttogewinn in der Branche.
  • Die größten Bürokratiekosten entfielen auf die Bereiche Steuern, Zoll und Normen (43 Prozent), Arbeits- und Umweltschutz (25 Prozent) und Personal (18,5 Prozent).
  • Die Unternehmen beklagten eine große Verunsicherung angesichts der kaum noch zu durchdringenden Vorschriften und Regelungen. Sie nannten als zusätzliche Belastungen aus Brüssel die Taxonomie, das Lieferkettengesetz sowie die CSR-Richtlinie.

 

Die Forderungen der Studienautoren

Die Studienautoren forderten eine neue Mittelstandsagenda, um die Bürokratie abzubauen und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu stärken. Sie schlugen vor, folgende Maßnahmen zu ergreifen:

  • Eine systematische Überprüfung der bestehenden Regelungen auf ihre Notwendigkeit, Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit
  • Eine konsequente Anwendung des One-in-One-out-Prinzips bei neuen Regelungen, d.h. für jede neue Regelung muss eine bestehende Regelung mit gleichem oder höherem Aufwand abgeschafft werden
  • Eine stärkere Berücksichtigung der spezifischen Situation und Bedürfnisse des Mittelstands bei der Gesetzgebung
  • Eine bessere Kommunikation und Information über die geltenden Regelungen und ihre Änderungen
  • Eine Vereinfachung und Digitalisierung der Verwaltungsverfahren

Die Studie basierte auf einer weltweiten Studie von Deloitte Private, die ebenfalls die Resilienz und Anpassungsfähigkeit des Mittelstands und der Familienunternehmen in der Krise hervorhob. Die deutschen Teilnehmer dieser Studie äußerten sich mehrheitlich optimistisch zu ihren Zukunftsaussichten und Wachstumsplänen. Sie planten vor allem Investitionen in die digitale Transformation, die Partnerschaften, die Lieferketten-Transformation und die Nachhaltigkeit2.

 

Wie lassen sich die Bürokratiekosten reduzieren?

Es gibt verschiedene Ansätze, um die Bürokratiekosten zu reduzieren, die sowohl die Politik als auch die Unternehmen betreffen. Hier sind einige Beispiele:

  • Die Politik kann die bestehenden Regelungen auf ihre Notwendigkeit, Wirksamkeit und Verhältnismäßigkeit überprüfen und gegebenenfalls vereinfachen oder abschaffen.
  • Die Politik kann das Prinzip des One-in-One-out anwenden, das heißt, für jede neue Regelung muss eine bestehende Regelung mit gleichem oder höherem Aufwand abgeschafft werden.
  • Die Politik kann die spezifische Situation und Bedürfnisse des Mittelstands bei der Gesetzgebung stärker berücksichtigen und eine bessere Kommunikation und Information über die geltenden Regelungen und ihre Änderungen gewährleisten.

Als Unternehmen Bürokratie reduzieren – 4 Tipps

Als Unternehmen können Sie ihre internen Prozesse optimieren und digitalisieren, um den Verwaltungsaufwand zu verringern.

    1. Zum Beispiel kann der Einsatz professioneller Buchhalungssoftware helfen, die Buchhaltung zu vereinfachen und Regeln einzuhalten. Mit Buchhaltungssoftware können Meldungen an Behörden automatisiert erstellt und übermittelt werden.
    2. Mit Planungstools können Sie Behördengänge reduzieren und Aufwand sparen. Tipp: nutzen Sie branchenspezifisiche Lösungen. So kann zum Beispiel spezielle Handwerkersoftware helfen, in Kleinbetrieben im Handwerk die Bürokratie zu bewältigen.
    3. Auslagerung besonders bürokratieintensiver Tätigkeiten kann helfen, sich davon zu befreien.
    4. Als Unternehmen können sich mit anderen Unternehmen oder Berufsverbände vernetzen, um gemeinsam Lösungen für bürokratische Herausforderungen zu finden oder sich gegenseitig zu unterstützen.

 

Bürokratie im Mittelstand eindämmen

Wie hoch sind die Bürokratiekosten in anderen Ländern

Die Bürokratiekosten sind nicht leicht zu vergleichen, da jedes Land unterschiedliche Methoden und Definitionen verwendet, um sie zu messen. Außerdem hängen die Bürokratiekosten von vielen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Größe, dem Rechtssystem, der Wirtschaftsstruktur und der Kultur eines Landes.

Es gibt jedoch einige internationale Studien und Indikatoren, die versuchen, die Bürokratiekosten oder die damit verbundenen Aspekte wie die Regulierungsdichte, die Verwaltungseffizienz oder die Wettbewerbsfähigkeit zu erfassen. Hier sind einige Beispiele:

  • Der Bürokratiekostenindex (BKI) ist ein Indikator, der vom Statistischen Bundesamt entwickelt wurde, um die Kosten zu messen, die den Unternehmen in Deutschland durch das Erfüllen von Informationspflichten gegenüber der öffentlichen Verwaltung entstehen. Der BKI lag im Jahr 2022 bei 98,41 Punkten und damit um 1,59 Punkte niedriger als im Jahr 2019. Das bedeutet, dass die Bürokratiekosten für die deutsche Wirtschaft in diesem Zeitraum gesunken sind. Ein Vergleich mit anderen Ländern ist jedoch schwierig, da der BKI auf nationalen Regelungen basiert und nicht alle Länder einen ähnlichen Indikator haben1.
  • Der Ease of Doing Business Index ist ein Indikator, der von der Weltbank erstellt wird, um die Regulierung des Geschäftsumfelds in 190 Ländern zu bewerten. Der Index berücksichtigt verschiedene Aspekte wie die Gründung eines Unternehmens, den Zugang zu Strom, den Schutz von Minderheitsinvestoren oder die Durchsetzung von Verträgen. Der Index reicht von 0 bis 100, wobei ein höherer Wert eine günstigere Regulierung bedeutet. Im Jahr 2022 lag Deutschland auf dem 22. Platz mit einem Indexwert von 79,7. Die Länder mit den höchsten Werten waren Neuseeland (86,8), Singapur (86,2) und Hongkong (85,3).
  • Der Global Competitiveness Index ist ein Indikator, der vom Weltwirtschaftsforum erstellt wird, um die Wettbewerbsfähigkeit von 141 Ländern zu messen. Der Index berücksichtigt verschiedene Faktoren wie die Institutionen, die Infrastruktur, die Gesundheit, die Bildung oder die Innovationsfähigkeit. Der Index reicht von 0 bis 100, wobei ein höherer Wert eine höhere Wettbewerbsfähigkeit bedeutet. Im Jahr 2022 lag Deutschland auf dem 7. Platz mit einem Indexwert von 81,8. Die Länder mit den höchsten Werten waren Singapur (84,8), die USA (83,7) und Hongkong (83,1).

 

Wird sich die Bürokratie in Deutschland 2024 vereinfachen?

Ja, vertraut man dem Arbeitsprogramm für 2024 der Europäischen Kommission wird ein besonderes Augenmerk auf die Vereinfachung der Vorschriften für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen in der gesamten Europäischen Union gelegt 1. Das Arbeitsprogramm enthält zusätzliche Vorschläge zur Vereinfachung in einer Reihe von Politikbereichen, ohne jedoch die Sozial-, Sicherheits-, Umwelt- oder wirtschaftlichen Standards und den Verbraucherschutz zu senken. Das ist schade, denn gerade in diesen Bereichen werden besonders hohe Bürokratiekosten beklagt. Der Abbau von Hindernissen wird also noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Die Umsetzung dieser Vorschläge wird von der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten der Europäischen Union durchgeführt.

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Von Chris