30% der Mitarbeiter von KI überwacht. Warum?

Im Dienstleistungsbereich werden etwa 30% der Mitarbeiter von KI überwacht. Die Zahlen sind erschreckend. Die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) zur Überwachung von Beschäftigten in Büros und Restaurants nimmt weltweit zu.

KI Technologien bieten Arbeitgebern die Möglichkeit, Effizienz und Produktivität zu steigern, werfen jedoch auch erhebliche ethische und rechtliche Fragen auf.

Aktuelle Nutzung und Techniken

KI-Systeme werden auf verschiedene Weise eingesetzt, um das Verhalten und die Leistung von Beschäftigten zu überwachen. In Büros umfassen diese Systeme unter anderem:

  • Zeiterfassungssysteme: Diese Technologien nutzen biometrische Daten wie Fingerabdrücke oder Gesichtserkennung, um die Anwesenheit der Mitarbeiter zu verfolgen. Zeiterfassung ist in Deutschland inzwischen sogar gesetzlich vorgeschrieben. Was ursprünglich dem Schutz der Beschäftigten dienen sollte, wird nun oftmals gegen die eigene Belegschaft verwendet.
  • Produktivitäts-Tracking-Software: Programme wie Hubstaff oder Time Doctor überwachen Mausbewegungen, Tastatureingaben und die Nutzung von Anwendungen, um die Produktivität zu messen. Über Tools wie Splunk oder Microsoft Workplace Analytics wird die Produktivität von Mitarbeitern ausgewertet.
  • E-Mail-Analyse: Einige KI-Tools analysieren den Inhalt und die Häufigkeit von E-Mails, um Kommunikationstrends und potenzielle Sicherheitsrisiken zu erkennen. Auch hier spielt Office 365 und Microsoft Clarity eine große Rolle.

In Restaurants und anderen Gastronomiebetrieben kommen zusätzlich Technologien wie:

  • Kameraüberwachung: KI-gesteuerte Kameras analysieren das Verhalten von Mitarbeitern und Kunden, um Sicherheitsvorfälle zu verhindern oder die Servicequalität zu bewerten.
  • Bestellsysteme: Automatisierte Kassen und Bestellsysteme überwachen die Geschwindigkeit und Genauigkeit der Bestellabwicklung.

▶ Eine Studie von Gartner aus dem Jahr 2022 prognostiziert, dass bis 2025 etwa 75% aller Unternehmen eine Form der nicht-traditionellen Mitarbeiterüberwachung, einschließlich KI, einsetzen werden.

 

Warum werden Mitarbeiter von KI überwacht?

Es geht ums Geld. Die Überwachung von Mitarbeitern durch KI und ähnliche Technologien wird aus verschiedenen Gründen durchgeführt, die oft mit betriebswirtschaftlichen Zielen zusammenhängen. Arbeitskraft optimieren, Geld verdienen – das sind die Gründe im wesentlichen.

Unternehmen verwenden KI-Systeme, um die Produktivität ihrer Mitarbeiter zu messen und zu steigern. Diese Systeme können Daten darüber sammeln, wie viel Zeit Mitarbeiter für bestimmte Aufgaben aufwenden, und dadurch Engpässe oder ineffiziente Arbeitspraktiken identifizieren aber auch faule Mitarbeiter können so entlarvt werden.

Oft genanntes Argument außerdem: Betrugsprävention und -aufdeckung: In Bereichen wie Finanzen und Einzelhandel können KI-Systeme verwendet werden, um verdächtiges Verhalten zu erkennen, das auf Betrug oder Diebstahl hinweisen könnte. Klar, dass hier Compliance nicht weit ist.  In einigen Fällen kann die Überwachung durch KI dazu dienen, sicherzustellen, dass Mitarbeiter die gesetzlichen und regulatorischen Anforderungen einhalten.

 

Risiken für Arbeitgeber

Die Überwachung von Mitarbeitern kann äußert negative Folgen haben.

  • Rechtsstreit, wenn die Mitarbeiter nicht korrekt und vollständig über die Überwachung informiert wurden. Mehr dazu direkt im Anschluss.
  • Steigende Kosten: wenn Mitarbeiter von KI überwacht dann ist das Gift für die Vertrauensbasis zwischen Mitarbeitern und Unternehmern. Folge sind hohe Fluktuation, der Verlust von Know-how und steigende Kosten im Recruiting.
  • Rückgang der Arbeitsmoral: Arbeitsmoral und Arbeitsleistung sinken, wenn Mitarbeiter von KI überwacht werden. Studien in der Industrie haben ergeben, dass Bandarbeiter die überwacht werden, eine niedrigere Stückzahl produzieren, um im Falle von „schlechten Tagen“ dieser Anforderung weiterhin entsprechen zu können.
  • Fehlentscheidungen: in der Theorie klingt vieles einfacher als es ist. Den Underperformer gegen den Highperformer austauschen und schon läuft’s besser? Häufig fehlen valide Referenz-Werte. Gerade in der Softwareentwicklung handelt es sich meist um Spezialisten, deren Know-How nicht oft, dann aber umso stärker gefragt ist. Werden Mitarbeiter von KI überwacht, könnte die KI diesen Spezialisten als Underperformer identifizieren, weil er die meiste Zeit nur Standardaufgaben löst. Ähnliche Fälle ergeben sich, wenn ein Mitarbeiter zwei Funktionen ausführt oder die Urlaubsvertretung übernimmt.
  • Datenschutz Klagen: die DSGVO ist nicht zimperlich. Strafen in Millionenhöhe der Standard. Wer Mitarbeiter überwacht, jeden Tastatur-Anschlag aufzeichnet, speichert dabei auch Kundendaten. Dies ist sehr gefährlich. Denn werden die gespeicherten Informationen über eine KI wie Chat GPT analysiert, können diese das Unternehmen verlassen oder in anderen Zusammenhängen wieder auftauchen. Mit extremen Folgen.

Mitarbeiterüberwachung zerstört das Betriebsklima. Sie kann steigende Kosten nach sich ziehen und einen teueren Rechtsstreit auslösen. Strafzahlungen und kostspielige Konsequenzen nicht ausgeschlossen. Werden Mitarbeiter von KI überwacht, drohen zudem Fehlentscheidungen, weil der Entscheidungsweg der KI nicht nachvollziehbar ist. Hinzu kommen Datenschutz Klagen von Kunden, wenn die KI über externe Tools wie Chat GPT oder Sora laufen.

Das müssen Unternehmer über den neuen EU AI Act wissen

Der neue EU AI Act will deshalb Klarheit schaffen. Der EU AI Act schreibt Unternehmen vor, wie der Umgang mit KI Systemen zu verfolgen hat. Auch hier drohen extrem hohe Strafen, wenn die EU Vorgaben nicht oder mangelhaft umgesetzt werden.

Mitarbeiter

 

 

 

 

Risiken für Beschäftigte

Die Überwachung durch KI kann für Beschäftigte mehrere Risiken mit sich bringen:

  1. Verlust der Privatsphäre: Die kontinuierliche Überwachung kann als invasiv empfunden werden und das Gefühl der Privatsphäre am Arbeitsplatz mindern.
  2. Stress und Druck: Das Wissen, ständig überwacht zu werden, kann zu erhöhtem Stress und Druck führen, was die psychische Gesundheit beeinträchtigen kann.
  3. Ungerechtfertigte Entlassungen: Eine übermäßige Abhängigkeit von KI zur Leistungsbewertung kann zu Fehlinterpretationen von Daten führen, die wiederum ungerechtfertigte disziplinarische Maßnahmen oder Entlassungen zur Folge haben können.

 

Rechtliche Möglichkeiten für Beschäftigte

Wenn Mitarbeiter von KI überwacht werden, dann hat dies oftmals Folgen für Unternehmer. Beschäftigte haben mehrere rechtliche Optionen, um sich gegen unangemessene Überwachung zu wehren:

  1. Datenschutzgesetze: In vielen Ländern, einschließlich der Europäischen Union (durch die Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO), haben Beschäftigte das Recht zu erfahren, welche Daten über sie gesammelt werden und wie diese verwendet werden. Unternehmen müssen transparente Datenschutzrichtlinien implementieren und die Zustimmung der Mitarbeiter einholen, bevor sie deren Daten erheben oder analysieren.
  2. Arbeitsrechtliche Schutzmaßnahmen: In vielen Ländern gibt es arbeitsrechtliche Vorschriften, die den Schutz der Privatsphäre am Arbeitsplatz regeln. Diese Vorschriften können die Nutzung von Überwachungstechnologien einschränken und sicherstellen, dass sie nicht zur Diskriminierung oder ungerechtfertigten Überwachung genutzt werden. In Deutschland etwa ist die Überwachung von Mitarbeitern vom Betriebsrat zustimmungspflichtig. Das heißt, der Betriebsrat muss sich mit dem Thema auseinandersetzen und explizit zustimmen.
  3. Gewerkschaften und Betriebsräte: Beschäftigte können sich an Gewerkschaften oder Betriebsräte wenden, die sich für ihre Rechte einsetzen und gegen unangemessene Überwachungspraktiken vorgehen können.

 

Mitarbeiterüberwachung

Fall HypoVereinsbank (UniCredit)

  • Fall: die UniCredit, eine italienische Großbank die in Deutschland als HypoVereinsbank bekannt ist, hat die Software „Securonix“ installiert, mit der das Verhalten von Mitarbeitern aufgezeichnet wird.
  • Rechtsstreit: Im Jahr 2021 wurde die UniCredit Services vor dem Landesgericht München verklagt¹, nachdem aufgedeckt wurde, dass die Bank Überwachungsmaßnahmen gegenüber ihren Mitarbeitern durchgeführt hatte. Die Überwachungen umfassten unter anderem die Erfassung von Kommunikationsdaten und den Einsatz von Technologien, die ohne das Wissen oder die Zustimmung der Mitarbeiter eingesetzt wurden. Das Gericht gab dem klagenden Betriebsrat recht und stellte fest, dass die UniCredit gegen die geltenden Bestimmungen verstoßen hatte. Die Bank ging in Berufung, es folgte ein außergerichtlicher Vergleich.

 

Fall Uber:

  • Fall: Uber nutzte eine Software namens „Greyball“, um die Aktivitäten von Aufsichtsbehörden zu überwachen und zu umgehen. Darüber hinaus gibt es Berichte, dass Uber- und Lyft-Fahrer durch GPS und Algorithmen überwacht wurden, um ihre Fahrleistung zu bewerten.
  • Rechtsstreit: In verschiedenen Gerichtsbarkeiten wurden Klagen wegen Datenschutzverletzungen und unangemessener Überwachung eingereicht. Insbesondere in Kalifornien wurden Fälle verhandelt, die die Rechte der Fahrer als unabhängige Auftragnehmer betreffen.

Insgesamt bleibt die Balance zwischen technologischen Möglichkeiten und dem Schutz der Rechte der Beschäftigten eine fortlaufende Herausforderung. Es ist entscheidend, dass Unternehmen verantwortungsbewusst handeln und rechtliche Rahmenbedingungen einhalten, um das Vertrauen und Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter zu gewährleisten. Werden Mitarbeiter von KI überwacht und geschieht dies gegen deren Willen, kann dies ein Fall für’s Gericht sein.

 

Funktionen von Microsoft Workplace Analytics

Betrachten wir nun Microsoft Workplace Analytics näher, ein Teil der Microsoft 365 Suite. Dieses Tool nutzt Daten aus Office 365-Anwendungen, um Einblicke in die Arbeitsgewohnheiten und Produktivität von Mitarbeitern zu gewinnen. Hier sind einige der Hauptfunktionen und wie sie zur Überwachung von Mitarbeitern genutzt werden können:

  1. Datenquellen und Integration:
    • Workplace Analytics sammelt und analysiert Daten aus verschiedenen Microsoft 365-Anwendungen, wie Outlook, Teams und anderen Office-Anwendungen. Es nutzt diese Daten, um Muster in der Kommunikation und Zusammenarbeit zu erkennen.
  2. Einblicke in Arbeitsgewohnheiten:
    • Das Tool bietet Analysen zur Arbeitszeit, wie z. B. wie viel Zeit Mitarbeiter in Besprechungen verbringen, wie oft sie E-Mails senden und empfangen und wie lange sie an Projekten arbeiten. Es kann auch Einblicke geben, wie viel Zeit für konzentriertes Arbeiten verfügbar ist, im Vergleich zu Zeit, die durch Meetings und E-Mails beansprucht wird.
  3. Netzwerkanalyse:
    • Eine weitere Funktion ist die Analyse von Kommunikationsnetzwerken innerhalb des Unternehmens. Es zeigt, wie Teams und Abteilungen miteinander interagieren, welche Mitarbeiter zentrale Knotenpunkte im Kommunikationsnetzwerk sind und wie die Kollaboration zwischen verschiedenen Gruppen aussieht.
  4. Produktivitätsmetriken:
    • Workplace Analytics kann Produktivitätsmetriken wie die Anzahl der Stunden, die Mitarbeiter außerhalb der regulären Arbeitszeiten arbeiten, sowie die Zeit, die in bestimmten Projekten investiert wird, messen. Es kann auch Aufschluss darüber geben, wie sich diese Metriken auf die allgemeine Produktivität und das Wohlbefinden der Mitarbeiter auswirken.

 

Risiken und Bedenken

Die Nutzung von Microsoft 365 Workplace Analytics kann ethische und rechtliche Bedenken aufwerfen, insbesondere in Bezug auf Datenschutz und Privatsphäre. Mitarbeiter könnten sich überwacht fühlen, was zu einem Rückgang der Arbeitsmoral und einem Vertrauensverlust führen könnte. Es ist entscheidend, dass Unternehmen:

  1. Transparenz: Die Mitarbeiter klar über den Einsatz solcher Tools und die Art der gesammelten Daten informieren.
  2. Zustimmung: Wenn möglich, die Zustimmung der Mitarbeiter zur Nutzung ihrer Daten einholen.
  3. Datenschutz: Sicherstellen, dass alle gesammelten Daten anonymisiert und in Übereinstimmung mit den geltenden Datenschutzgesetzen behandelt werden.

Microsoft selbst betont, dass die Daten in Workplace Analytics anonymisiert und aggregiert werden, um den Schutz der Privatsphäre der Mitarbeiter zu gewährleisten. Unternehmen sollten dennoch vorsichtig sein und eine transparente Kommunikationsstrategie verfolgen, um das Vertrauen der Mitarbeiter zu erhalten.

 

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Von Chris