Teilzeit und Befristungsgesetz

Das Teilzeit und Befristungsgesetz war äußerst erfolgreich. Zwischen 1991 und 2012 hat die deutsche Wirtschaft damit rund 3 Millionen Arbeitsplätze auf 41,6 Millionen geschaffen.

 

Der deutsche Arbeitsmarkt

Reformen und ihre Auswirkungen auf die Beschäftigung

Der deutsche Arbeitsmarkt hat seit der Wiedervereinigung im Oktober 1990 einen bemerkenswerten Wandel erfahren. Kennzeichnend für diese Entwicklung war die Einführung einer größeren Arbeitsmarktflexibilität in Verbindung mit anhaltenden Produktivitätssteigerungen und einer deutlichen Lohnzurückhaltung. Infolgedessen hat sich die Wettbewerbsfähigkeit sehr deutlich verbessert. Dies ist eine der Hauptthesen, die in dem Bericht „Der deutsche Arbeitsmarkt: Reformen und ihre Auswirkungen auf die Beschäftigung“ herausgestellt werden.

Diese Dynamik der deutschen Wirtschaft hat zwischen 1991 und 2012 zur Schaffung von rund 3 Millionen Arbeitsplätzen auf 41,6 Millionen geführt (die deutsche Arbeitslosenquote lag 2012 bei 5,5 %). Wie im CEOE-Bericht hervorgehoben wird, ist die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden jedoch um 1,967 Millionen Stunden zurückgegangen, was einem Abbau von 1,16 Millionen Arbeitsplätzen in Vollzeitäquivalenten entsprechen würde.

Teilzeit und Befristungsgesetz

Zur besseren Übersicht, sind die Schlüssel für die Einführung einer größeren Flexibilität auf dem deutschen Arbeitsmarkt in der Zunahme der Teilzeitbeschäftigten (von 14,4 % der Beschäftigten im Jahr 1992 auf 26,8 % im Jahr 2012) zu finden, die sich auf Frauen und die Dienstleistungssektoren (Haushalt, Kunst, Soziales und öffentliche Verwaltung) konzentriert, sowie in geringerem Maße auf die Zeitarbeit, die von 10,5 % im Jahr 1992 auf 13,8 % im Jahr 2012 leicht angestiegen ist.

Nach Sektoren aufgeschlüsselt stellt man fest, dass seit der Wiedervereinigung in der Landwirtschaft, der Industrie und dem Baugewerbe per Saldo Arbeitsplätze verloren gegangen sind, während im Dienstleistungssektor, insbesondere bei den freiberuflichen Tätigkeiten und den Unternehmensdienstleistungen, Arbeitsplätze hinzugekommen sind. Es ist zu beachten, dass in diesem Sektor Vollzeitarbeitsplätze geschaffen werden.

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Entwicklung des deutschen Arbeitsmarktes: verschiedene Phasen

Mit der Krise zu Beginn der 90er Jahre verschlechterte sich der Arbeitsmarkt, und die Zahl der Erwerbstätigen ging um 2,6 % zurück. Die Arbeitslosenquote steigt von 5,3 % im Jahr 1991 auf 9,7 % im Jahr 1997.

Eine zweite Phase der Erholung umfasst den Zeitraum 1997-2001. Die Zahl der Beschäftigten stieg um 4,7 %, die Arbeitslosenquote sank auf 7,9 %.

Eine neue Schrumpfungsphase auf dem Arbeitsmarkt dauerte bis 2005. In diesen Jahren ging die Zahl der Erwerbstätigen um 1,3 % zurück, und die Arbeitslosenquote stieg im Jahr 2005 auf durchschnittlich 11,2 %.

Ab 2005 begann eine neue Wachstumsphase, die erst 2009 durch die internationale Krise infolge der Subprime-Hypothekenkrise unterbrochen wurde. In diesem Zeitraum (2005-2012) stieg die Zahl der Erwerbstätigen um 6,8 %, die Arbeitslosenquote sank auf 5,5 % und die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden stieg um 4,2 %, trotz des wirtschaftlichen Rückgangs im Jahr 2009.

 

Reformen auf dem deutschen Arbeitsmarkt

Ab 2002, inmitten der Verschlechterung des Arbeitsmarktes, durchlief die deutsche Wirtschaft eine Reihe von Reformen mit dem Ziel, den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren und die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern.

Hartz-Reformen

Die vier Hartz-Gesetze, die zwischen 2003 und 2005 in Deutschland umgesetzt wurden, umfassten die Einrichtung von Personal-Service-Agenturen in den Arbeitsämtern und die Förderung der beruflichen Weiterbildung (Hartz I); die Förderung von Selbstständigkeit und Mini-Jobs mit sozialversicherungsfreien Löhnen unter 400 € im Monat (Hartz II); die Umwandlung der Arbeitsämter in Jobcenter zur Beschäftigung von Arbeitslosen (Hartz III). Schließlich wurde das System der Arbeitslosenunterstützung grundlegend umstrukturiert, indem die beitragsabhängigen Leistungen reduziert und das System der Langzeitarbeitslosenunterstützung mit anderen beitragsunabhängigen Sozialleistungen für Menschen ohne Einkommen zusammengelegt wurde (Hartz IV).

Der Schlüssel zu diesen Reformen lag vor allem darin, Anreize für die Arbeitssuche zu schaffen, indem das Arbeitslosengeld stärker eingeschränkt wurde. Gleichzeitig wurde die Teilzeitarbeit liberalisiert, was zusammen mit dem Fehlen eines Mindestlohns zu einer großen Flexibilität bei der Einstellung von Arbeitskräften geführt und die Existenz von Niedriglohn- und Niedrigstundenverträgen ermöglicht hat.

Entlassung in Deutschland

Das deutsche Recht beschränkt die ordentliche Kündigung auf drei Gründe: das Verhalten des Arbeitnehmers, die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers und die wirtschaftliche Lage des Unternehmens. Außerhalb dieser drei Gründe ist eine Entlassung nicht gerechtfertigt.

Unternehmen, die weniger als 11 Personen mit einer Wochenarbeitszeit von jeweils 30 Stunden beschäftigen, sind von der Kündigungsschutzregelung ausgenommen. Arbeitnehmer, die seit weniger als sechs Monaten beschäftigt sind, sind ebenfalls nicht geschützt. Hier hat das Teilzeit und Befristungsgesetz wichtige Ausnahmen geschaffen.

Ist der Arbeitnehmer der Ansicht, dass die Entlassung ungerechtfertigt ist, kann er das Unternehmen verklagen, um seine Wiedereinstellung zu erzwingen. Etwa 10 % der Entlassenen in Deutschland wenden sich an die Arbeitsgerichte. Es gibt keine festen Entschädigungsbeträge für ungerechtfertigte Entlassungen, die schlichtweg illegal sind. Wird die Entlassung für ungerechtfertigt erklärt, muss das Unternehmen den Arbeitnehmer wieder einstellen, wobei in solchen Fällen in der Regel ein finanzieller Ausgleich oder eine Entschädigung vereinbart wird, die im Allgemeinen etwa 15 Tage pro Arbeitsjahr beträgt.

Im Falle einer Entlassung aus wichtigem Grund muss diese nicht sofort erfolgen. Der Arbeitgeber muss bestimmte Fristen einhalten: Einem Arbeitnehmer, der beispielsweise seit sechs Monaten im Unternehmen ist, kann mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden. Ein Arbeitnehmer, der seit 12 Jahren im Unternehmen beschäftigt ist, hat Anspruch auf sechs Monate. Für Personen, die seit 20 Jahren beschäftigt sind, beträgt die Höchstdauer sieben Monate.

Darüber hinaus ist bei Entlassungen eine gesetzlich geregelte „Sozialauswahl“ vorzunehmen, bei der diejenigen Arbeitnehmer entlassen werden, die von der Entlassung am wenigsten sozial betroffen sind. Wenn die Auswahl betrügerisch ist, wird die Entlassung als rechtswidrig angesehen.

Elemente der deutschen Marktflexibilität angesichts der Krise

Außer in kleinen Unternehmen führen die strengen Anforderungen und Begründungen, die der Arbeitgeber bei einer Entlassung erfüllen muss, sowie die Sozialauswahl, die bei einer Entlassung getroffen werden muss (was den Verlust von kompetentem, qualifiziertem und integriertem Personal bedeuten kann), dazu, dass andere Arten von Instrumenten zur Anpassung der Belegschaft und der Arbeitskosten eingesetzt werden. Die wichtigsten davon sind die folgenden:

  • Leiharbeitnehmer: In einer Krisensituation ist es am einfachsten, Leiharbeitnehmer zu entlassen. Die Kündigungsfristen müssen eingehalten werden, aber es gibt keine weiteren Anforderungen, keine Kosten, und es ist keine Rechtfertigung erforderlich.
  • Arbeitszeitpools: Dazu gehört die Einrichtung eines Arbeitszeitkontos, so dass die Verteilung der im Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitszeit nicht wöchentlich oder monatlich erfolgt, sondern sich die Leistung im Allgemeinen auf das ganze Jahr bezieht. So kann der Arbeitgeber in Zeiten mit hohem Arbeitsaufkommen die Arbeitnehmer länger arbeiten lassen als üblich, und in Zeiten mit geringem Arbeitsaufkommen würden die Arbeitnehmer weniger Stunden arbeiten, aber immer den gleichen Lohn erhalten.
  • Lohnkürzung durch konstruktive Entlassung: Eine Gehaltskürzung kann durch eine konstruktive Kündigung erfolgen, wenn die Voraussetzungen für eine sozial gerechtfertigte Kündigung vorliegen (dringende wirtschaftliche Gründe), wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Möglichkeit bietet, weiterzuarbeiten, aber seine Arbeitsbedingungen zu ändern.
  • Verkürzung der Arbeitszeit (Kurzarbeit): Bei der deutschen Kurzarbeit handelt es sich um eine vorübergehende Verringerung der Normalarbeitszeit, die mit einem Produktionsrückgang begründet wird. Die Kürzung kann teilweise oder vollständig sein und geht mit einer proportionalen Kürzung der Bezüge einher. Die betroffenen Arbeitnehmer haben Anspruch auf eine staatliche Beihilfe, die den Lohnausfall ausgleichen und Entlassungen aus wirtschaftlichen Gründen verhindern soll. Die Aufgabe der Kurzarbeit ist es, die Beschäftigung in betrieblichen Krisensituationen zu stabilisieren. Sofern der Unternehmenstarifvertrag die Bedingungen der Kurzarbeit nicht im Detail regelt, unterliegt die Arbeitszeitverkürzung der Mitbestimmung der Arbeitnehmervertreter (der Betriebsrat wird in vollem Umfang in die Entscheidung einbezogen, so dass die Maßnahme nicht durchgeführt werden kann, wenn keine Einigung erzielt wird).

Es ist also festzustellen, dass sich die Auswirkungen der Krise tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar machen, und zwar über die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden, die zurückgehen (2009 ging die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden gegenüber 2008 um 2,7 % zurück), und weniger über die Zahl der Beschäftigten (die 2009 trotz des Rückgangs des BIP nicht zurückging), was zum einen auf die ergriffenen Maßnahmen und zum anderen auf die bereits auf dem Arbeitsmarkt vorhandene Flexibilität zurückzuführen ist.

Es ist jedoch anzumerken, dass die ergriffenen Maßnahmen aufgrund des Wachstums der deutschen Wirtschaft erfolgreich waren. Bei den Arbeitszeitverkürzungen handelt es sich um zeitlich begrenzte Maßnahmen, die eigens für die Krise verlängert wurden, die aber auf der Annahme beruhen, dass sich die Lage nach der Krise wieder normalisiert und das Vorkrisenniveau wieder erreicht wird, was auch der Fall war. Im Jahr 2010 stieg die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden um 2,2 %, während die Zahl der Beschäftigten nur um 0,6 % zunahm, so dass sich die Arbeitszeiten normalisierten.

Die Bedeutung der Teilzeitbeschäftigung

Die Differenz zwischen der Zunahme der Beschäftigung (Erwerbstätige) und der Zunahme der Zahl der Arbeitsstunden erklärt sich durch die Zunahme der Teilzeitbeschäftigung, die sich in den letzten zwei Jahrzehnten verdoppelt hat. Das Teilzeit und Befristungsgesetz hat diese Entwicklung Überhaut erst ermöglicht.

Die Daten der Arbeitskräfteerhebung4 (AKE) zeigen, dass die Beschäftigung zwischen 1991 und 2012 um 3,1 Millionen gestiegen ist (was mit den 2,9 Millionen in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen übereinstimmt). In diesem Zeitraum ging die Vollzeitbeschäftigung um 2,4 Millionen Personen zurück, während sich die Teilzeitbeschäftigung verdoppelte und um 5,5 Millionen Personen zunahm. Die Talsohle bei der Vollzeitbeschäftigung wurde 2004 mit 27,5 Millionen Menschen erreicht, und 2012 hat sie sich auf 29,4 Millionen erholt, was in etwa dem Stand von 2000 entspricht.

Der Anstieg der Teilzeitbeschäftigung ist zwischen 2004 und 2006 am stärksten, was mit den höchsten Arbeitslosenquoten der letzten zwei Jahrzehnte und der Liberalisierung der Teilzeitarbeit zusammenfällt. Tatsächlich hat sich die Vollzeitbeschäftigung in diesem Zeitraum zwischen 2004 und 2006 kaum verändert, während dank des Teilzeit und Befristungsgesetz per Saldo 1,7 Millionen Teilzeitarbeitsplätze geschaffen wurden.

Tendenzen

In den Jahren bis 2012, hat die Beschäftigung stark zugenommen, wobei die Stärke der deutschen Wirtschaft in diesen Jahren genutzt wurde. Aber selbst in dieser Boomzeit wächst die Teilzeitbeschäftigung immer noch schneller (6,5 % gegenüber 3,3 %) als die Vollzeitbeschäftigung und macht 40,9 % aller geschaffenen Arbeitsplätze aus. Die Verteilung nach Sektoren zeigt, dass dieses Phänomen in praktisch allen Sektoren auftritt, mit Ausnahme der freien Berufe und der unterstützenden Dienstleistungen, in denen die Vollzeitbeschäftigung stark zunimmt. Am anderen Ende des Spektrums stehen die Landwirtschaft, die künstlerischen, haushaltsnahen und sonstigen Dienstleistungen, die Finanz- und Versicherungsdienstleistungen sowie das Grundstücks- und Wohnungswesen, die Vollzeitarbeitsplätze vernichten und Teilzeitarbeitsplätze schaffen.

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Von Sebastian