Die Bürokratie in Deutschland gilt seit Jahren als ein zentraler Wachstumshemmer für die Wirtschaft. Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) leiden unter den zunehmenden Vorschriften, Formularen und Nachweispflichten. Während in anderen Ländern Reformen für weniger Bürokratie umgesetzt werden, verschärft sich die Situation in Deutschland weiter. Die Folge: ein wachsendes Standortrisiko für Investoren und Unternehmer.
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Beispiele für überbordende Bürokratie in Deutschland
Die Liste der bürokratischen Hürden in Deutschland ist lang. Besonders problematisch sind:
- Verpackungsregister (LUCID): Unternehmen müssen umfangreiche Registrierungen und Meldungen durchführen, um gesetzeskonform zu handeln. Mehr dazu im Artikel Lucid Verpackungsregister.
- Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Gute Absichten, aber ein Dschungel an Anforderungen, die kleine Betriebe überfordern können. Details finden Sie hier: Barrierefreiheitsstärkungsgesetz.
- Ausufernde Berichtspflichten: Unternehmen müssen zahlreiche Berichte für Behörden erstellen. Trotz Versprechen aus Brüssel, diese Pflichten zu reduzieren, wächst die Bürokratie vielerorts weiter. Siehe hierzu Reduzierung der Berichtspflichten.
Vergleich: Polen, Österreich und Frankreich
Während Deutschland im EU-Vergleich als besonders bürokratisch gilt, zeigen andere Länder, dass es auch einfacher geht:
- Polen: Hat in den letzten Jahren zahlreiche Verfahren digitalisiert. Unternehmensgründungen können dort in wenigen Stunden online abgeschlossen werden.
- Österreich: Setzt verstärkt auf „Once-Only“-Prinzipien: Daten müssen Behörden nur einmal übermittelt werden, anstatt mehrfach für verschiedene Anträge.
- Frankreich: Führte ein zentrales Unternehmerportal ein, das Behördengänge stark vereinfacht. Zudem wurden viele Berichtspflichten für KMU gestrichen.
Bürokratie als Standortrisiko
Deutschland verliert im internationalen Wettbewerb zunehmend an Attraktivität, und das hat klare Gründe. Besonders Investoren und internationale Unternehmen sehen sich mit einer Vielzahl an Hürden konfrontiert, die Projekte verzögern oder sogar verhindern können. Ein zentrales Problem sind die langen Genehmigungszeiten. Ob es sich um den Bau von Fabriken, die Errichtung von Windkraftanlagen oder die Einführung neuer Technologien handelt – Genehmigungsverfahren dauern hierzulande oft Jahre. Während ähnliche Projekte in Polen oder Frankreich innerhalb weniger Monate abgeschlossen werden können, vergehen in Deutschland nicht selten zwei bis drei Jahre, bis alle erforderlichen Bescheide vorliegen.
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Ein weiterer Kritikpunkt sind unübersichtliche Verwaltungsprozesse. Unternehmer müssen oft dieselben Informationen mehrfach an verschiedene Behörden übermitteln, weil ein zentrales Datensystem fehlt. Digitalisierte Verfahren, die in vielen EU-Ländern Standard sind, fehlen in Deutschland weiterhin. Statt einfacher Online-Lösungen dominieren Papierformulare, unterschiedliche Zuständigkeiten und langwierige Abstimmungsprozesse.
Was können wir von anderen Ländern lernen?
Die Beispiele aus den Nachbarländern zeigen, dass vor allem drei Maßnahmen wirksam sind:
- Radikale Digitalisierung der Verwaltungsprozesse.
- Abbau von Doppelmeldungen und Einführung des Once-Only-Prinzips.
- Vereinfachung der gesetzlichen Anforderungen für KMU.
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Politische Versprechen: Von Scholz zu Merz
Unter Kanzler Olaf Scholz (SPD) wurde mehrfach ein Bürokratieabbau angekündigt. Besonders nach der Corona-Pandemie versprach die Regierung, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen. In der Praxis wurden jedoch nur wenige Vorschriften abgeschafft, während viele neue Regeln hinzukamen.
Mit dem Amtsantritt von Kanzler Friedrich Merz (CDU) wurde ein „großer Befreiungsschlag“ angekündigt. Die neue Bundesregierung setzt auf ein umfassendes Entlastungspaket für Unternehmen. Ob die Umsetzung gelingt, bleibt abzuwarten – bislang ist der Effekt in der Praxis noch gering.
Europäische Kommission: Bürokratieabbau 2024?
Das Arbeitsprogramm 2024 der Europäischen Kommission versprach einen erheblichen Bürokratieabbau. Tatsächlich wurden einige Berichtspflichten reduziert, etwa im Bereich Umwelt- und Finanzberichterstattung. Gleichzeitig sind neue Anforderungen in anderen Bereichen hinzugekommen, was den positiven Effekt abschwächt. Unternehmen bemängeln, dass Entlastungen in einem Bereich oft durch neue Pflichten an anderer Stelle kompensiert werden.
Reformen sind dringend notwendig
Deutschland muss dringend von Ländern wie Polen, Österreich und Frankreich lernen. Ohne entschlossenen Abbau der Bürokratie droht dem Standort Deutschland ein weiterer Verlust an Wettbewerbsfähigkeit. Digitale Verfahren, klare Regeln und weniger Papierkram könnten Unternehmen entlasten und Investitionen fördern.