Reduzierung der Berichtspflichten – diese Erleichterungen plant Brüssel

Die Europäische Kommission hat eine Reduzierung der Berichtspflichten angekündigt. Im Rahmen der sogenannten „Omnibus-Deregulierungsinitiative“ sollen die administrativen Bürden für Unternehmen insgesamt um ein Viertel verringert werden. Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) dürfen sich freuen, denn für sie ist eine Erleichterung von mehr als einem Drittel vorgesehen. Drei zentrale Gesetze stehen dabei im Fokus:

  • die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD¹),
  • die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD²) und
  • die EU-Taxonomie³.

Die konkreten Maßnahmen sollen am 26. Februar 2025 vorgestellt werden.




Hintergrund: Warum die Reduzierung der Berichtspflichten?

Die EU hat in den vergangenen Jahren eine Vielzahl von Regulierungen erlassen, um Transparenz und Nachhaltigkeit in Unternehmen zu fördern. Besonders die CSRD und die CSDDD haben Unternehmen verpflichtet, umfangreiche Berichte zu ihrer Nachhaltigkeitsstrategie und zu sozialen sowie umweltbezogenen Auswirkungen ihrer Lieferketten zu erstellen. Diese Regulierungen sollten helfen, die Ziele des European Green Deal umzusetzen.

Allerdings klagen viele Unternehmen über die damit verbundenen Kosten und den hohen administrativen Aufwand. Eine Studie der European Federation of Small Businesses (ESBA) ergab, dass KMU im Schnitt jährlich bis zu 100.000 Euro allein für die Einhaltung von Berichtspflichten ausgeben. Große Unternehmen können mit noch höheren Kosten rechnen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte, dass die neue Initiative notwendig sei, um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft zu sichern: „Wir wollen sicherstellen, dass Unternehmen nicht durch übermäßige Bürokratie ausgebremst werden. Nachhaltigkeit bleibt unser Ziel, aber wir müssen es effizient und praktikabel umsetzen.“

▶︎ Fördermittel KMU

 

Welche Gesetze werden überarbeitet?

1. Die Nachhaltigkeitsberichterstattungsrichtlinie (CSRD)

Die CSRD, die am 5. Januar 2023 in Kraft getreten ist, verpflichtet große Unternehmen sowie ab 2026 auch mittlere Unternehmen zur Erstellung ausführlicher Nachhaltigkeitsberichte. Die neuen Anforderungen haben die bisherigen Regelungen der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) ersetzt und betreffen rund 50.000 Unternehmen in der EU.

Mit der geplanten Reduzierung könnten folgende Erleichterungen kommen:

  • Vereinfachung der Berichtsstrukturen
  • Reduzierung der Berichtsumfänge
  • Längere Fristen für die Umsetzung

2. Die Lieferkettenrichtlinie (CSDDD)

Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), die voraussichtlich 2025 in Kraft tritt, verpflichtet große Unternehmen dazu, Verantwortung für ihre globalen Lieferketten zu übernehmen. Auch hier sind Reduzierung der Berichtspflichten geplant.

Bisherige Pflichten umfassen:

  • Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen und Umweltvergehen
  • Berichtspflichten zur Einhaltung dieser Vorgaben
  • Haftungsregelungen bei Verfehlungen

Die Reduzierung der Berichtspflichten könnte bedeuten, dass weniger umfangreiche Dokumentationen erforderlich sind oder dass KMU von bestimmten Anforderungen befreit werden.

3. Die EU-Taxonomie

Die EU-Taxonomie ist ein Klassifizierungssystem, das definiert, welche wirtschaftlichen Aktivitäten als nachhaltig gelten. Unternehmen müssen ihre Investitionen an diesen Kriterien messen und offenlegen. Besonders kapitalmarktorientierte Unternehmen haben damit hohe Berichtspflichten.

Eine Reform könnte hier ansetzen, indem:

  • Die Anzahl der zu berücksichtigenden Indikatoren reduziert wird
  • Die Berichtspflichten für kleinere Unternehmen gelockert werden
  • Der Fokus stärker auf freiwillige statt verpflichtende Berichte gelegt wird

Reaktionen aus der Wirtschaft

Die Ankündigung aus Brüssel stößt auf breite Zustimmung, insbesondere von Wirtschaftsverbänden und KMU-Vertretern. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) begrüßte die Initiative als „dringend notwendigen Schritt zur Entlastung der Unternehmen“.

Kritik kommt jedoch von Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen. Sie befürchten, dass die Deregulierung zu einem Rückschritt in Sachen Nachhaltigkeit führen könnte. Deregulierung könnte jedoch auch Türen zu neuen Wegen öffnen.

 

Deregulierung und neue Bürokratie

Es wirkt auf den ersten Blick widersprüchlich: Einerseits will die EU mit der Reduzierung der Berichtspflichten Bürokratie abbauen und Unternehmen entlasten, andererseits bleiben Vorschriften wie die E-Rechnung, statistische Meldepflichten und das Lieferkettengesetz bestehen.

Hier sind mögliche Erklärungen:

  1. Fokus auf gezielte Entlastungen
    Die EU plant, bestimmte Vorschriften zu vereinfachen oder abzuschaffen, um Unternehmen zu entlasten. Das bedeutet aber nicht, dass alle regulatorischen Anforderungen fallen. Vielmehr werden gezielt Regelungen überprüft, die als besonders belastend gelten.
  2. Notwendigkeit bestimmter Vorschriften
    Vorschriften wie die E-Rechnung oder das Lieferkettengesetz haben einen spezifischen Zweck:

    • Die E-Rechnung soll den Zahlungsverkehr effizienter und transparenter machen.
    • Statistische Meldepflichten liefern essenzielle Wirtschaftsdaten für die Politikgestaltung.
    • Das Lieferkettengesetz zielt auf Nachhaltigkeit und Menschenrechte ab und ist politisch gewollt.
  3. Druck von Mitgliedstaaten und Interessengruppen
    Während einige Staaten und Wirtschaftsverbände Deregulierung fordern, gibt es auch starken politischen Druck für Nachhaltigkeit und digitale Transparenz. Das erklärt, warum einige Regelungen bleiben oder sogar verschärft werden.

 

BayernKI Projekt

Ein Balanceakt zwischen Entlastung und Transparenz

Die geplante Reduzierung der Berichtspflichten stellt eine entscheidende Weichenstellung für die europäische Wirtschaft dar. Auf der einen Seite ist es notwendig, den administrativen Aufwand für Unternehmen zu verringern, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Auf der anderen Seite wünschen NGOs und Parteien, dass Umwelt- und Sozialstandards weiter erhöht werden. Die genaue Ausgestaltung der „Omnibus-Deregulierungsinitiative“, die am 26. Februar vorgestellt wird, dürfte daher mit großer Spannung erwartet werden.

Ob es der EU gelingt, eine ausgewogene Lösung zu finden, bleibt abzuwarten.

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Von Chris