Fachkräftemangel – die dramatischen Folgen einer Lüge

In den letzten Jahren hat sich das Thema „Fachkräftemangel“ in Deutschland zu einem der zentralen Anliegen von Politik und Wirtschaft entwickelt. In nahezu jedem Wirtschaftszweig wird vor einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften gewarnt, der das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes bedrohe. Doch bei genauerem Hinsehen stellt sich die Frage: Ist der Fachkräftemangel tatsächlich so gravierend, wie oft behauptet wird? Oder handelt es sich dabei um eine verzerrte Darstellung, die von tieferliegenden Problemen der deutschen Arbeitsmarktpolitik ablenkt?

Gabi war seit über zwanzig Jahren als Bürokauffrau in einem mittelständischen Unternehmen tätig. Sie war gut in ihrem Job, organisiert und zuverlässig. Als das Unternehmen jedoch ins Ausland verlagert wurde, kam die Schocknachricht: Gabi und ihre Kollegen wurden freigestellt. Zunächst war Gabi zuversichtlich. Schließlich hatte sie überall gehört, dass Fachkräfte dringend gesucht würden. Sie aktualisierte ihren Lebenslauf, schrieb Bewerbungen und nahm an Vorstellungsgesprächen teil. Doch die Wochen vergingen und die Absagen häuften sich.

 

Eine paradoxe Entwicklung

Gabi ist kein Einzelfall. Viele Menschen, die aktuell von Arbeitslosigkeit betroffen sind, wundern sich. Die Suche nach einer neuen Arbeit gestaltet sich schwieriger als angenommen. Woran liegt das?

Zunächst einmal lohnt es sich, die Rolle der Migration in Deutschland näher zu beleuchten. Seit 2015 sind Millionen von Menschen nach Deutschland gekommen. Die Politik hat diese Zuwanderung oft als Chance für den deutschen Arbeitsmarkt beschrieben. Doch die Realität sieht oft anders aus. Laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft¹ (IW) lebten im Jahr 2023 etwa 60 Prozent der Flüchtlinge von staatlicher Unterstützung wie dem Bürgergeld. Nur rund 40 Prozent dieser Gruppe waren erwerbstätig, und selbst unter diesen sind viele in prekären oder schlecht bezahlten Jobs beschäftigt.

Die Haupt Asylherkunftsländer sind (Ukraine ausgeklammert) vor allem Syrien, Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan und Somalia. Im Januar 2024 lebten insgesamt 1.546.260² Menschen im erwerbsfähigen Alter (15 bis unter 65 Jahre) aus diesen Ländern in Deutschland.

  • Insgesamt sind nur 660.200 Menschen aus den oben genannten Ländern in Deutschland regulär erwerbstätig.
  • Davon arbeiten jedoch nur 566.400  in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen.
  • Die Beschäftigungsquote unter den Männern liegt bei nur 53,6 %, bei den Frauen beträgt sie nur 23,3 %.
  • Rund 65 % der Migranten lebt von Sozialleistungen.

Die Gründe hierfür sind vielfältig: von mangelnden Sprachkenntnissen über fehlende formale Qualifikationen bis hin zu Schwierigkeiten bei der Anerkennung ausländischer Abschlüsse. Während also auf der einen Seite ein Fachkräftemangel beklagt wird, leben auf der anderen Seite viele Migranten von staatlichen Transferleistungen, ohne eine realistische Aussicht auf Integration in den Arbeitsmarkt.

Fachkräftemangel Realitätscheck

Automatisierung und Arbeitsplatzabbau: Ein Widerspruch zur Fachkräftemangel-Debatte

Parallel zur Diskussion über den Fachkräftemangel zeigt sich ein anderes Phänomen: der zunehmende Einsatz von Automatisierung und Künstlicher Intelligenz (KI) in der Wirtschaft. Zahlreiche Unternehmen investieren massiv in Technologien, die menschliche Arbeitskräfte ersetzen oder deren Anzahl zumindest stark reduzieren. Dies betrifft nicht nur einfache Tätigkeiten, sondern zunehmend auch anspruchsvollere Aufgaben in Bereichen wie Logistik, Produktion und sogar im Dienstleistungssektor.

Die Automatisierung hat in vielen Branchen bereits zu einem spürbaren Arbeitsplatzabbau geführt. So lässt sich heute nicht nur mit KI Buchhaltung vereinfachen, sondern ganze Geschäftsprozesse automatisieren. Laut einer Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung³ (ZEW) wurden in den letzten zehn Jahren allein im verarbeitenden Gewerbe in Deutschland über 1,5 Millionen Arbeitsplätze durch Automatisierung und Digitalisierung ersetzt. Gleichzeitig sind die Löhne in den verbleibenden Jobs oft unter Druck geraten, da Maschinen viele Tätigkeiten effizienter und kostengünstiger ausführen können.

„Vor diesem Hintergrund erscheint die These des Fachkräftemangels in einem anderen Licht. Es stellt sich die Frage, ob es sich dabei nicht vielmehr um eine Strategie handelt, um politische Entscheidungen zu beeinflussen und Lohnkosten niedrig zu halten, anstatt ein reales Problem der Arbeitsmarktversorgung zu reflektieren.“

 

Zahlen und Fakten: Migration und Arbeitsmarkt in Deutschland

Um die Situation besser zu verstehen, ist es wichtig, einen Blick auf einige konkrete Zahlen zu werfen. Im Jahr 2022 lag die Arbeitslosenquote in Deutschland bei rund 5,3 Prozent. Gleichzeitig stieg die Zahl der offenen Stellen auf einen historischen Höchststand von knapp 1,8 Millionen. Doch diese Zahlen erzählen nicht die ganze Geschichte.

Migranten Arbeitslosigkeit Die Erwerbsquote unter Migranten lag im selben Jahr bei etwa 57 Prozent, deutlich unter dem Durchschnitt der deutschen Bevölkerung von rund 75 Prozent. Besonders auffällig ist, dass viele der offenen Stellen im Niedriglohnsektor angesiedelt sind, während qualifizierte Arbeitskräfte in Bereichen wie IT, Ingenieurwesen oder im Gesundheitswesen weiterhin Mangelware sind. Dies deutet darauf hin, dass der Fachkräftemangel in Deutschland weniger ein generelles Problem des Arbeitsmarktes ist, sondern vielmehr ein sektorspezifisches Phänomen, das durch die strukturellen Veränderungen der Wirtschaft verstärkt wird.

 

Eine Lüge mit dramatische Folgen

Der Fachkräftemangel ist eine Lüge, die dramatische Fehlentscheidungen zur Folge hat. Die Konsequenzen betreffen Mitarbeiter wie Gabi, die sich in vermeintlicher Sicherheit wiegen aber betreffen auch Firmen, Fachkräfte und führen zu Verschiebungen in der politischen Landschaft:

  1. Vertrauensverlust in die Politik: Bürger verlieren das Vertrauen in politische Entscheidungsträger, wenn sie den Eindruck gewinnen, dass die Realität nicht mit den Aussagen der Politik übereinstimmt. Bürger fühlen sich hintergangen und wählen die Altparteien nicht mehr.
  2. Wirtschaftliche Instabilität: Wenn Unternehmen abwandern, gehen Arbeitsplätze verloren. Steigende Arbeitslosigkeit und eine geschwächte Wirtschaft sind die Folge. Dies kann zu einem Rückgang der Kaufkraft der Bevölkerung führen, sowie Wohlstandsverlust der Republik insgesamt.
  3. Soziale Spannungen: Steigende Arbeitslosigkeit und ungleiche wirtschaftliche Chancen können soziale Spannungen verschärfen. Besonders betroffen sind häufig ohnehin benachteiligte Bevölkerungsgruppen, was zu einer Verschärfung von Ungleichheiten und sozialer Ungerechtigkeit führen kann.
  4. Abwanderung von Fachkräften: Wenn Unternehmen abwandern und die Wirtschaftslage sich verschlechtert, könnten qualifizierte Arbeitskräfte und junge Talente das Land verlassen, um bessere Arbeitsmöglichkeiten im Ausland zu suchen. Dies würde den angeblichen Fachkräftemangel weiter verschärfen und zu einem „Brain Drain“ führen. In zahlreichen Branchen wie etwa der Medizin beobachten wir dies schon heute.
  5. Langfristige wirtschaftliche Schäden: Eine anhaltend hohe Arbeitslosigkeit und Abwanderung von Unternehmen kann die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft schwächen. Dies könnte langfristig dazu führen, dass Deutschland seine führende Rolle in der globalen Wirtschaft verliert.

Zusammengefasst könnte die Diskrepanz zwischen den politischen Aussagen und der wirtschaftlichen Realität gravierende Folgen für die Gesellschaft und die Wirtschaft haben, was zu einem Teufelskreis aus Misstrauen, wirtschaftlicher Schwäche und sozialen Spannungen führen kann.

 

 

Fazit: Ein komplexes Problem ohne einfache Lösungen

Die Diskussion um den Fachkräftemangel in Deutschland ist vielschichtig und komplex. Es gibt sicherlich Branchen, die tatsächlich unter einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften leiden. Doch die pauschale Behauptung, dass die deutsche Wirtschaft insgesamt unter einem gravierenden Fachkräftemangel leidet, greift zu kurz und übersieht wichtige Entwicklungen wie die Rolle der Migration und die Auswirkungen der Automatisierung.

Statt den Fachkräftemangel als universelles Argument für politische und wirtschaftliche Maßnahmen zu nutzen, wäre es sinnvoller, die tieferliegenden Ursachen für die Disparitäten auf dem Arbeitsmarkt zu analysieren und gezielte Lösungen zu entwickeln. Dazu gehören eine bessere Integration von Migranten in den Arbeitsmarkt, Investitionen in Bildung und Weiterbildung sowie eine kritische Auseinandersetzung mit den Folgen der Automatisierung.

Nur so kann Deutschland langfristig eine nachhaltige und gerechte Arbeitsmarktpolitik gestalten, die sowohl den Bedürfnissen der Wirtschaft als auch den sozialen Herausforderungen gerecht wird.

Unsere Autoren schreiben in ihrer Freizeit. Danke für's bewerten
[Gesamt: 1 Schnitt: 5]
Von Chris