Warum US Handelskrieg jetzt deutschen Anbietern Millionen beschert

Seit dem Beginn von Donald Trumps Amtszeit als US-Präsident hat sich das globale Handelsklima spürbar verändert. Vor allem der anhaltende Handelskrieg zwischen den USA und China hat viele Unternehmen dazu gezwungen, ihre internationalen Lieferketten und Partnerschaften zu überdenken. Doch ein Bereich profitiert besonders stark von diesen geopolitischen Spannungen: deutsche und europäische Cloud-Dienstleister.

Während große US-amerikanische Anbieter wie Amazon Web Services (AWS), Microsoft Azure und Google Cloud zunehmend unter regulatorischem Druck stehen, wenden sich immer mehr Unternehmen hiesigen Alternativen wie IONOS, Deutsche Telekom, Hetzner oder plusserver zu.

 

Der geopolitische Druck auf US-Clouds wächst

Die Cloud ist längst nicht mehr nur ein Speicherplatz für Daten – sie ist das Rückgrat der digitalen Wirtschaft. Doch mit dem technologischen Fortschritt steigt auch die Sensibilität im Umgang mit Daten. Seit Trumps verschärfter „America First“-Politik mehren sich die Sorgen von Unternehmen weltweit, insbesondere in Europa, über die politische Kontrolle und mögliche Zugriffsmöglichkeiten der US-Regierung auf Daten, die bei amerikanischen Cloud-Anbietern gehostet werden.

Bereits der Clarifying Lawful Overseas Use of Data (CLOUD¹) Act, der 2018 in Kraft trat, erlaubt es US-Behörden unter bestimmten Bedingungen, auf Daten von US-Cloud-Dienstleistern zuzugreifen – auch wenn diese physisch außerhalb der USA gespeichert sind. Dieses Gesetz befeuerte Bedenken in Europa und führte dazu, dass die digitale Souveränität zunehmend in den Fokus rückte.




Trumps protektionistische Rhetorik, Zölle auf High-Tech-Komponenten und Sanktionen gegen chinesische Tech-Giganten wie Huawei sorgten zusätzlich für eine angespannte Atmosphäre. Unternehmen fragen sich: Was, wenn auch europäische Anbieter von US-Technologie morgen auf der schwarzen Liste stehen? Was passiert mit meinem Shopify Shop, wenn die US Regierung plötzlich Begehrlichkeiten weckt? Und schon heute: wer kann meine Daten einsehen, sie nutzen, gegen mich verwenden? Die Bedenken wachsen und der US Handelskrieg hat hier erheblich Öl ins Feuer gegossen.

▶︎ Shopify Marktanteil

 

Der Trend zur digitalen Souveränität

In dieser Gemengelage gewinnen deutsche Cloud-Dienste an Attraktivität. Sie gelten als datenschutzfreundlich, DSGVO-konform und politisch unabhängig. Immer mehr Unternehmen, vor allem im Mittelstand und öffentlichen Sektor, entscheiden sich daher bewusst für Anbieter aus Deutschland oder der EU.

Laut einer aktuellen Studie des Branchenverbandes eco – Verband der Internetwirtschaft ist der Markt für europäische Cloud-Infrastrukturen 2024 im Vergleich zum Vorjahr um rund 21 % gewachsen. IONOS, der größte europäische Anbieter, meldet für das erste Quartal 2025 einen Umsatzsprung von 18 %, insbesondere im Bereich „Managed Cloud Services“. Auch kleinere Anbieter wie Hetzner oder plusserver berichten von steigenden Neukundenzahlen und zunehmender Nachfrage nach privaten Cloud-Lösungen.

Was kostet eine Website in Deutschland?

Vergleicht man die Marktanteile, wird sofort klar: das offene und von der USA unabhängige WordPress hat die Nase deutlich vorne. Der WordPress Marktanteil lag immer schon deutlich vor Shopify und Co. Der US Handelskrieg dürfte diese Situation nochmal deutlich beflügeln.

 

Vertrauen als Verkaufsargument

Deutsche Cloud-Anbieter positionieren sich bewusst als Gegenmodell zu den US-Giganten. Sie werben mit „Sicherheit Made in Germany“, zertifizierten Rechenzentren und klaren Datenschutzrichtlinien. Das Argument zieht: Laut einer Umfrage des Bitkom von Anfang 2025 geben 62 % der befragten Unternehmen an, dass sie aufgrund geopolitischer Unsicherheiten auf europäische Cloud-Dienste umgestiegen sind oder dies planen.

Ein besonders sicherheitskritischer Bereich ist dabei die Buchhaltung. Anbieter wie sevdesk oder Lexware bieten cloudbasierte Buchhaltungslösungen an, die vollständig in Deutschland gehostet werden. Gerade hier, wo sensible Finanzdaten verarbeitet werden, spielt der Standort der Server eine zentrale Rolle. Unternehmen profitieren nicht nur von einer rechtskonformen DSGVO-Umgebung, sondern auch davon, dass ihre Daten nicht dem Zugriff ausländischer Behörden unterliegen. Das schafft Vertrauen – besonders in Branchen mit hohen regulatorischen Anforderungen wie dem Finanz- oder Gesundheitswesen.

Ein weiteres Argument: die Unabhängigkeit von der US-Währung und US-Sanktionen. „Immer mehr Unternehmen möchten sicherstellen, dass ihre digitalen Geschäftsmodelle nicht plötzlich von politischen Entscheidungen jenseits des Atlantiks abhängig sind“, sagt Dr. Tobias Müller, IT-Analyst beim Marktforschungsunternehmen TechInsights Europe.

 

Beispiele aus der Praxis

Besonders deutlich wird der Trend im öffentlichen Sektor. Mehrere deutsche Städte, darunter München und Hamburg, haben Cloud-Dienstleistungen bereits vor dem Handelskrieg auf europäische Anbieter umgestellt. Auch in der Gesundheitsbranche und im Bildungsbereich ist ein Umdenken spürbar. In Bayern hat man mit „BayernGPT“ gar ein eigenes KI Modell entwickelt. Während das Projekt bei der Vorstellung noch als Größenwahnsinnig belächelt wurde, ist man nun froh, diesen wichtigen Schritt gegangen zu sein.

▶︎ BayernGPT

Ein weiteres Beispiel: Die Universität Köln verlagert derzeit ihre gesamte Infrastruktur in eine DSGVO-konforme Cloud-Umgebung, die ausschließlich in deutschen Rechenzentren betrieben wird. „Datenschutz ist für uns nicht nur eine rechtliche Notwendigkeit, sondern ein zentraler Wert“, so ein Sprecher der Universität.

Auch Industrieunternehmen wie Bosch und Siemens investieren zunehmend in sogenannte Hybrid-Cloud-Modelle, bei denen kritische Daten in europäischen Rechenzentren gespeichert werden, während unkritische Anwendungen weiterhin auf internationalen Plattformen laufen. Wichtig vor allem, wenn man im SaaS Sektor tätig ist.

 

Ausblick: Bleibt der Trend?

Mit den aktuellen Handlungen Donald Trumps könnten sich die geopolitischen Spannungen weiter verschärfen. Schon jetzt deuten Äußerungen Trumps auf eine Rückkehr zu einem aggressiveren außen- und wirtschaftspolitischen Kurs hin – inklusive Strafzöllen und neuen Sanktionen. Der US Handelskrieg schreitet voran. Nicht mit Waffen – aber ebenso dramatisch in der Wirkung.

Europäische Anbieter sehen sich dadurch in einer günstigen Ausgangsposition. Sie arbeiten intensiv daran, ihr Service-Portfolio auszubauen, den Support zu verbessern und Technologien wie Künstliche Intelligenz oder Edge-Computing DSGVO-konform anzubieten. Auch die europäische Initiative GAIA-X, die eine einheitliche Dateninfrastruktur schaffen soll, gewinnt wieder an Relevanz.

 

Was das bedeutet

Was auf den ersten Blick wie ein wirtschaftliches Risiko aussieht – der globale Handelsstreit –, entpuppt sich für deutsche Cloud-Anbieter als Chance. Während geopolitische Unsicherheiten viele US-Dienste belasten, wächst das Vertrauen in europäische Alternativen. Für den Standort Deutschland ist das ein Hoffnungsschimmer: In einer digitalisierten Welt könnten gerade Datenschutz, Stabilität und politische Unabhängigkeit zu wertvollen Standortfaktoren werden.





Ein klarer Trend zeichnet sich ab: Wer morgen souverän handeln will, braucht heute unabhängige digitale Infrastrukturen – und deutsche Cloud-Dienste sind dabei gefragter denn je.

 

Der Handelskrieg zwischen den USA und China hat weitreichende Folgen für die deutsche Wirtschaft. Zwar stehen direkte Zölle und Sanktionen im Vordergrund der politischen Auseinandersetzung, doch die indirekten Auswirkungen auf deutsche Unternehmen sind mindestens ebenso gravierend. Exportorientierte Betriebe spüren gestörte Lieferketten, steigende Beschaffungskosten und eine wachsende Unsicherheit bei Investitionen.

Besonders problematisch: Viele deutsche Firmen sind in globale Wertschöpfungsketten eingebunden, die durch die protektionistische Politik der USA zunehmend unter Druck geraten. Hinzu kommt die Sorge, dass Technologien oder Services, die von US-Unternehmen stammen, künftig restriktiver gehandhabt oder sogar sanktioniert werden könnten. Diese Unsicherheit führt zu einer strategischen Neuausrichtung – vor allem in sensiblen Bereichen wie der IT-Infrastruktur und der Datenverarbeitung, wo europäische Alternativen verstärkt in Betracht gezogen werden.

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Von Chris